Bayreuth/Amberg. Kein Glück hatten Skinheads am Wochenende in Oberfranken: gleich zweimal fielen Rechtsrock-Konzerte ins Wasser. Ungestört konnten sie dann aber in Amberg (Oberpfalz) bis in die frühen Morgenstunden feiern – in einem Lokal, das bereits früher als Ausweichort für eine verhinderte Nazimusik-Veranstaltung aufgefallen war.
Für den Samstagabend hatte zunächst die "Patriotische Runde Kronach" unter Leitung von Kai Limmer, zugleich Vorsitzender des NPD-Bezirks Oberfranken, ein Konzert im Landkreis Lichtenfels geplant. Nach Erkenntnissen örtlicher Szenekenner sollten die Bands "Asathor" (Thüringen), "Feldherren" (München), "Nordfront" (Hannover) und "Frontalkraft" (Cottbus) spielen.
Am Mittwoch musste Limmer jedoch absagen: eine "Hetzkampagne der Lokalpresse" und "massive Einschüchterung unserer Wirtsleute durch die Medienmafia" sei schuld daran, dass die Vermieter abgesagt hätten. Das Konzert könne "mangels Ausweichlokalität" nicht stattfinden (wir berichteten).
Wenig Glück hatten Rechtsrock-Konsumenten auch im gerade mal 40 Kilometer entfernten Bayreuth, wo für eine "private Feier" eine Halle gemietet wurde. Hier sollten die Bands "Propaganda" (Horb, Baden-Württemberg), "Soko 18" (Franken), "Cherusker" (Zittau, Sachsen), SKD (Gotha, Thüringen) und "Spreegeschwader" (Berlin) spielen, wie es in einem Neonazi-Forum heißt. Offenbar hatten jedoch die Ordnungshüter Wind von der Sache bekommen und informierten den Vermieter über den wahren Hintergrund der Veranstaltung. Der getäuschte Hallen-Eigentümer trat sofort von dem Mietvertrag zurück. Für eine Ersatzveranstaltung erteilte das städtische Ordnungsamt keine Erlaubnis. Die beiden Bands "SKD" und "Soko 18" erlebten hier bereits das zweite Konzert innerhalb weniger Tage, das durch die Polizei beendet oder verhindert wurde: eine Woche vorher hatte die thüringische Polizei ein ebenfalls als "private Geburtstagsfeier" deklariertes Konzert in Arnstadt-Rudisleben aufgelöst.
Die aus Berlin angereiste Band war bereits mit Aufbauarbeiten beschäftigt, so die Bayreuther Polizei. Doch die Rechtsrocker durften wieder einpacken und mussten ebenso wie etwa 70 angereiste Neonazis unverrichteter Dinge die Stadt verlassen.
Dennoch war der Abend für die Rechtsextremen noch nicht gelaufen. Per Bahn ging es weiter nach Amberg, wo die etwa 200 Neonazis zwar ebenfalls von der Polizei in Empfang genommen wurden, aber nach kurzem Fußmarsch vom Bahnhof unbehelligt im "Pilspub 500" feiern konnten. Die Kreisstadt in der Oberpfalz hat bis heute einen "guten Ruf" in der rechten Szene: Amberg war Sitz der "Sektion Bayern" des internationalen Neonazi-Skinhead-Netzwerkes "Blood and Honour", das in Deutschland im September 2000 verboten wurde.
In der "Rock-Kellerkneipe" spielten dann auf: "Noise of Hate" (Amberg), "Sturmpropheten" (Stuttgart), "Feldherren" und "Spreegeschwader". Vorgetragen wurden unter anderem auch Lieder der als kriminelle Vereinigung verurteilten Berliner Band "Landser". Laut der Amberger Zeitung verließen die letzten Gäste erst in den frühen Morgenstunden das Lokal, das in dem Blatt als "ein bekannter Treff der Rechten in Amberg" bezeichnet wurde.
Mit solchen Beschreibungen hat die "500"-Wirtin Ingrid Seidl jedoch ein Problem. Schon vor zwei Jahren beklagte sie auf der Kneipen-Webseite: "Nach immer wieder neuen Presseberichten wird mein Lokal – 500 – in der Amberger Zeitung als 'Neo-Nazi Treff' bezeichnet. Dies entspricht nicht den Tatsachen! Deshalb gehe ich anwaltschaftlich dagegen vor."
Tatsächlich war das "500" im Januar 2005 als Ausweichlokal für ein ursprünglich in Lauterhofen (Landkreis Neumarkt) geplantes Rechtsrock-Konzert eingesprungen; 80 Skinheads aus Nord- und Ostbayern hatten bei der Amberger Wirtin feiern können, die über ihre Gäste berichten konnte: "Sie waren höflich, haben normal gefeiert und sich unterhalten." Die Wahl des Lokals "500" für die Skinhead-Feier sei "reiner Zufall" gewesen, hatte damals ein Polizeisprecher gemeint.
"Eine sehr geile Feier", konstatierte ein Besucher zufrieden in einem Neonazi-Forum. Der Wirtin wird es recht sein, denn offenbar fühlt sie sich auf solches Publikum angewiesen. "Mir wäre es zwar auch lieber, wenn ich eine Schicki-Micki-Kneipe hätte, aber in der heutigen Zeit kann man es sich nicht mehr leisten, eine Auswahl zu treffen", erklärte sie der Amberger Zeitung vor zwei Jahren.
[Der Artikel erschien erstmals am 29.05.07 auf redok.de. Die Veröffentlichung auf aida-archiv.de erfolg mit freundlicher Genehmigung des Autors]