Der folgende Artikel des Antifaschistischen Plenums Rosenheim wurde im Dezember 1999 erstellt und 2000 in der A.I.D.A.-Broschüre "Überblick: Faschistische Aktivitäten im Raum München und Südbayern 1999" veröffentlicht. Diese Broschüre ist hier als PDF-Datei zum Download erhältlich.
Rechte in Rosenheim und Umgebung
Rechts-konservativ ist eine Bezeichnung, die Rosenheim und Umgebung sicher verdient haben. Einige Gründe gefällig? Seit Jahrzehnten hat die CSU in diesem Wahlkreis Ergebnisse über 50 Prozent, die Republikaner erhielten bei den Europawahlen 1989 bis zu 29,1 Prozent. Rund 2000 Unterschriften erhielt eine BürgerInneninitiative, die sich 1986 gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Kolbermoor gründete.
Auch in Sachen Straßennamen haben sich die oberbayerischen Städte keineswegs Einsicht bescheinigt: In Bad Aibling wurde 1996 ein Volksbegehren initiiert, das die Rückbenennung der ehemaligen General-Dietl- Straße, benannt nach dem Wehrmachtsgeneral und NSDAP-Mitglied, zum Ziel hatte. In Rosenheim scheiterten indes an einer schwarz-braunen Allianz im Stadtrat bis heute alle Versuche, einen Weg umzubenennen, der den Namen des Regensburger Nazi-Dichters Florian Seidl trägt.
Die einzige regionale Tageszeitung, das "Oberbayerische Volksblatt", feiert fast täglich die "Erfolge" der rassistischen Schleierfahndung und kann auch sonst nicht als fortschrittlich bezeichnet werden.
In diesem politischen Klima stoßen (organisierte) Rechte kaum auf Widerstand. Rechte Schmierereien, Aufkleber und Übergriffe auf Menschen, die nicht in ihr beschränktes Weltbild passen, gehören inzwischen beinahe zum Alltag. Neonazi-Konzerte finden über 100 ZuhörerInnen, Hitler-Geburtstagsfeiern werden organisiert und es gibt eine Kneipe, die fast ausschließlich von Neonazi-Skinheads besucht wird.
Welche Gefahr von gewaltbereiten Neonazis ausgeht, wird etwa anhand des nach offiziellen Angaben "größten Waffenlagerfundes in der BRD seit 20 Jahren" (1994 in Traunstein) deutlich. Dabei wurden vier MGs, 35 Maschinenpistolen, weitere Handfeuerwaffen, Sprengsätze und große Mengen an Munition gefunden. Der Hauptangeklagte war Mitglied der Republikaner, mindestens ein Festgenommener war Mitglied der Traunsteiner Ortsgruppe der mittlerweile verbotenen Nationalistischen Front. rauriger Höhepunkt der Vorfälle bleibt der Mord an Carlos Fernando aus Moçambique. Er wurde am 15. August 1999 von einem Kolbermoorer Rassisten, der bereits mehrfach wegen Körperverletzung vorbestraft ist, ins Koma geprügelt und erlag nach sieben Wochen seinen Verletzungen.
Ob Volksfest, Disco, Party oder ähnliche: Selten fehlt eine Gruppe rechter Skinheads – bei einem Besuch des Rosenheimer Herbstfestes kann mensch auf bis zu 70 solcher Gestalten treffen, wobei es jedes Jahr zu Übergriffen kommt. Die NPD hat einen Kreisverband Rosenheim-Traunstein, der vor allem in den letzten Jahren immer aktiver wurde. Treibende Kraft in der Region ist Per Lennart Aae aus Feldkirchen-Westerham, Mitglied im Bundesvorstand der NPD, der beispielsweise die Neonazi-Demonstration gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-44" in München am 1. März 1997 anmeldete. Ein Aufmarsch mit ca. 400 Alt- und Neonazis unter dem Motto "Kampf den Drogen – Kampf der Drogenmafia – Todesstrafe für Dealer" im November 1999 war die letzte und bislang größte öffentlichkeitswirksame NPD-Aktion in der Region.
Ein Teilnehmer der Demonstration am 6.11.1999 in Rosenheim. |
Auf dieser Demonstration, bei der u. a. NPD-Mitglied Manfred Roeder, der freie Nationalist Christian Worch, JN-Bundesvorsitzender Sascha Roßmüller und ein Vertreter der British National Party, Kevin Noon sprachen, wurde die Anti-Drogen- Aktion Hamburg-Rosenheim vorgestellt, die auf Initiative des Hamburger Neonazi-Kaders Worch gegründet worden war.
Als Kontaktperson in Rosenheim dient Andreas Otto Hensel. Bis jetzt wurde im Raum Rosenheim noch keine Tätigkeit dieser laut Selbsteinschätzung "aktionistischen Basisbewegung" bemerkt.
Auch die Republikaner sind in Rosenheim nicht untätig, so organisierten sie hier mehrere Großveranstaltungen, wie z. B. einen Bundesparteitag im Januar 1990. Die Partei hat in der Region eine stabile Basis, viele lokale REP-Politiker, etwa der Rosenheimer Stadtrat Hans Rass, sind ehemalige CSUler und genießen auch über Parteigrenzen hinweg Ansehen und Respekt, die Grenzen zwischen RechtsextremistInnen und Rechtskonservativen sind nicht leicht auszumachen. Angesichts der früheren Wahlerfolge (zur Zeit Stimmanteile von knapp über fünf Prozent) lassen sich auch immer wieder ranghohe Republikaner wie Christian Käs, Rolf Schlierer oder (früher) Franz Schönhuber sehen und feiern. Auch auf überregionalen rechten Veranstaltungen, wie Aufmärschen oder Parteitagen tauchen immer wieder Personen und Autos aus Rosenheim auf.
Unserer Meinung nach wird sich an diesen Verhältnissen wohl in nächster Zeit leider nicht viel ändern.
Kontakt: Antifaschistisches Plenum Rosenheim
c/o Infogruppe Rosenheim
Oberaustr. 2,
83026 Rosenheim