Gera. Mitten in der Innenstadt treffen sich auf einer Wiese am Hauptbahnhof zum elften Mal Neonazis beim „Rock für Deutschland“ (RfD).
Von 12 bis 20 Uhr versammeln sich dazu insgesamt 700 Teilnehmende auf dem von NPD und Kameradschaftsszene organisierten Rechtsrock-Open-Air, bei dem u. a. die Szene-Kultband „Die Lunikoff-Verschwörung“ sowie „Exzess“ und „Stimme der Vergeltung“ auftreten.
Neben dem stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Frank Schwerdt (Erfurt) und Maria Fank vom „Ring nationaler Frauen“ (RNF, Berlin) hält auch Matthias Fischer vom „Freien Netz Süd“ (FNS, Fürth) eine Rede.
Fischer tritt in einem T-Shirt mit Logo und Schriftzug der griechischen faschistischen Partei „Chrysi Avgi“ (XA) auf. Der FNS-Führungskader macht Werbung für das im August von FNS und „Bund Frankenland“ geplante süddeutsche Neonazimusikfestival „Europa erwacht“ und ruft die Versammelten zu mehr Aktivitäten auf:
„Wenn man eine Bestandsaufnahme in der BRD macht… den Menschen hier geht es noch zu gut… die Taktik ‚Brot und Spiele‘ funktioniert noch…unsere Aufgabe muss es sein, unsere Truppen die wir bis jetzt haben, auf Vordermann zu bringen“.
Fischer steht auf dem RfD ansonsten u. a. mit dem FNS-Führungskader Tony Gentsch (Regnitzlosau-Oberprex) an einem T-Shirt-Verkaufsstand, der mit Transparenten vom „Freien Netz Süd“ und von Fischers „Deutsch-Ungarischem Freundeskreis“ behängt ist. Auch der oberpfälzische FNS-Kader Daniel Weigl bietet an gleich mehreren Pavillions ein großes Angebot an Bekleidung seines neonazistischen „Final Resistance“-Versands (Wackersdorf) an.
Der bayerische NPD-Funktionär Patrick Schröder (Mantel) verkauft an einem Stand die Klamotten des extrem rechten „Ansgar Aryan“-Labels. Bei der Firma aus Oberhof arbeitet Schröder als Geschäftsführer.
Die Beteiligung bayerischer Neonazis beim RfD ist in diesem Jahr ansonsten relativ gering: Lediglich einige wenige junge FNS-Aktivisten aus Hof und Regensburg sowie der Münchner/Freisinger NPD-Funktionär Björn-Christopher Balbin sind nach Thüringen gereist.
Mit Spendendosen „für die inhaftierten Kameraden“ zeigen sich die Neonazis in Gera solidarisch mit denjenigen „Kameraden“ und „Kameradinnen“, die sich wegen Gewalttaten vor Gericht verantworten müssen oder eine Haftstrafe absitzen. Mit T-Shirts mit dem Aufdruck „Freiheit für Wolle“ drücken manche Teilnehmende zudem deutlich ihre Sympathie zum derzeit im Münchner NSU-Prozess angeklagten Ralf „Wolle“ Wohlleben (Jena, z. Zt. JVA München-Stadelheim) aus. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Thüringer Neonazifunktionär vor, an der Beschaffung der Ceska-Mordwaffe zentral beteiligt gewesen zu sein.
Mit fünf Kundgebungen rund um das Gelände und einer Demonstration protestieren knapp 1.000 Nazigegner_innen gegen das Neonazievent. Ein Protestcamp von Antifaschist_innen war am Freitagmorgen von der Polizei geräumt worden.