Göppingen. Das neonazistische bayerische Gruppennetzwerk „Freies Netz Süd“ (FNS) und die Polit-Textildruckfirma „TUM-Vertrieb“ des im FNS engagierten Aktivisten Stefan Friedmann (Bad Wörishofen) unterstützen einen im württembergischen Göppingen angekündigten Aufmarsch zum Thema „Ausbeutung stoppen – Kapitalismus zerschlagen“.
Die Veranstaltenden kündigen im Vorfeld zuerst Jürgen Schwab (Nürnberg) als Redner an. Nach einem Zerwürfnis des neonazistischen Online-Portals Altermedia mit Schwab distanzieren sich auch die Göppinger „Autonomen Nationalisten“ von Schwab. Ab September 2012 werden dafür die FNS-Aktivisten Matthias Fischer (Fürth) und Daniel Weigl (Wackersdorf) als Redner beworben.
Die Aktion klagen die Neonazis um Anmelder Daniel Reusch („Autonome Nationalisten Göppingen“, Göppingen) und Versammlungsleiter Sebastian Beckmann (aus den Kreisen der „Autonomen Nationalisten Vorderpfalz“, Speyer) vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gegen ein behördliches Verbot durch. Sie rechnen offensichtlich mit einem großen Marsch und sprechen in der Anmeldung zeitweise von 400 erwarteten Personen.
Schließlich kommen nach monatelanger Mobilisierung etwas weniger als 150 Neonazis zum Aufmarsch, darunter auch ein knappes Dutzend aus Bayern. Nur wenige NPD-Aktivisten sind vor Ort, z. B. die Baden-Württemberger Alexander Scholl und Ronnie Hellriegel (beide NPD Stuttgart). Der Großteil der Teilnehmer_innen kommt aus neonazistischen Kameradschaften, z. B. von den „FN Hessen“, aus Gruppen „Autonomer Nationalisten“ Nordrhein-Westfalens, Rheinland-Pfalz‘ und Baden-Württembergs und der Struktur des neonazistischen „Infoportals Schwaben“ aus dem Raum Ulm (mit einem „Kapitalismus zerquetschen“-Transparent).
Aus Bayern sind unter anderem Anti-Antifa-Fotograf Stefan Friedmann, die bekannten Aktivist_innen Stefan Willy Reiche (ehemals „Jagdstaffel D.S.T.“, Geretsried) und Vanessa Becker („Kameradschaft München“, „Bürgerinitiative Ausländerstopp München“) sowie Neonazis aus Landsberg/Lech und Nürnberg angereist. Matthias Fischer und Karl Heinz Statzberger („Kameradschaft München“, FNS, „Bürgerinitiative Ausländerstopp München“, Markt Schwaben) tragen (unterschiedliche) T-Shirts der Berliner Neonazigruppe „Die Vandalen“ („Ariogermanische Kampfgemeinschaft“).
Ab 15.00 Uhr ziehen die Neonazis vom Bahnhof in Göppingen durch die Innenstadt. Einige der FNSler reihen sich mit ihrem „Dieses System bringt uns den Volkstod“-Transparent vorne seitlich in den „Black Block“ ein. Auch die Neonazis in den nachfolgenden Marschblöcke tragen zum Teil Transparente des „Freien Netz Süd“: „Kapitalismus bedeutet Krieg – gemeinsam kämpfen gegen System und Kapital“ und „Arbeit Freiheit Brot – Nationalen Sozialismus erkämpfen“.
Auch in T-Shirt-Aufdrucken, Tattoos und in Parolen verherrlichen die Neonazis den Nationalsozialismus: Die „Schwarze Sonne“-Symbole der SS sind zu sehen sowie Aufschriften wie „Svastika – European Brotherhood“ und „auch ohne Sonne braun“. Einige Neonazis rufen – unbeanstandet vom großen Polizeiaufgebot – „Ein Hammer, ein Stein, ins Arbeitslager rein“, „Süddeutschland- Naziland“, „Es gibt ein Recht auf Nazipropaganda“ und „Damals wie heute – Hitlerleute“. Mehreren Medienberichten zufolge wird mindestens einmal auch die Parole „Ein Baum, ein Strick, ein Judengenick“ skandiert.
Als Redner treten unter anderem Benjamin Hermann Hennes (u. a. Vorsitzender im NPD-Kreisverband Bodensee-Konstanz), Philippe Eglin (Sektion Basel der „Partei National Orientierter Schweizer“ (PNOS)) und Neonazi-Aktivisten aus Thüringen und Dortmund auf. Bei der Abschlusskundgebung am Bahnhof spricht schließlich noch der FNS-Kader Daniel Weigl, nicht mehr jedoch der FNS-Führungsaktivist Matthias Fischer. Die Neonazi-Aktion endet um kurz nach 17 Uhr.