Obertrubach-Gschwand (Lkr. Forchheim). Ungestört treffen sich gut 200 Neonazis zum „3. Nationalen Frankentag“ des „Freien Netz Süd“. Die Polizei verteilt gegen eine Handvoll Menschen, die vor Ort gegen das Rechtsrock-Festival in der Fränkischen Schweiz protestieren wollten, schon in großer Entfernung Platzverweise. Gegen die wenigen anwesenden auswärtigen Journalist_innen gehen die Neonazis aggressiv vor. Die wenigen anwesenden PolizeibeamtInnen und StaatsschützerInnen nehmen offenbar weder die nationalsozialistischen Symbole auf T-Shirts oder die offen getragenen Tattoos mit NS-Bezug (z. B. die „Schwarze Sonne“, das Symbol der SS) noch Jürgen Schwabs antisemitische und rassistische Rede zur Kenntnis, der von den „Zionisten“, die „hier ihre Herrschaft ausüben“ spricht.
Ort des „Frankentags“ 2010 ist erneut die Wiese bei der oberfränkischen Gemeinde Obertrubach-Geschwand im Landkreis Forchheim, die Beate P., Mitarbeiterin der Sparkasse Forchheim, im Jahr 2006 bei einer Versteigerung erwerben konnte. Seither wird die Wiese immer wieder für neonazistische Veranstaltungen, Feiern und Nazi-Konzerte verwendet, zuletzt für ein Neonazikonzert am 6. Juni 2010. Der Ehemann der Besitzerin, Lutz Passon, war neben Matthias Fischer und Norman Kempken Aktivist der im Januar 2004 verbotenen neonazistischen „Fränkischen Aktionsfront“ (FAF). Zusammen mit Anmelder Norman Kempken (Nürnberg) war Lutz Passon als „Veranstaltungsleiter“ beim „Frankentag 2010“ aktiv. Gewissermaßen in Tradition der Anti-Antifa- Aktivitäten bei „FAF“ und „FNS“ hatte er sich an diesem heißen Samstagnachmittag ein T-Shirt mit dem rechtsterroristischen „Redwatch“-Label angezogen. Auf seiner Lederweste prangten zudem extrem rechte Aufnäher, z. B. von der NS-Black-Metal-Band „Absurd“.
Der zum dritten Mal vom bayerischen Kameradschafts-Dachverband „Freies Netz Süd“ (FNS) organisierte „Frankentag“ ist wieder ein Rechtsrockspektakel mit Familienprogramm. Unter anderem haben die Neonazis für Kinder eine Wurfbude, ein Trampolin und ein Badminton-Netz aufgebaut. Doch das Event ist alles andere als ein harmloses Kinderfest: Die Wurfbude ist mit einer Reichskriegsflagge dekoriert.
Wenig Aufmerksamkeit schenken die Teilnehmenden, die 10 Euro Eintritt bezahlen mussten, den Rednerinnen und Rednern beim „Frankentag“, etwa bei der Begrüßung durch FNS-Aktivist Tony Gentsch (Oberprex). „Ungarische Kameraden“ des „Nationalen Widerstands Ungarn“ lassen ein Grußwort vortragen, in dem sie vom „Kampf gegen das ewige Böse“ schwadronieren und die „Waffenbrüderschaft“ beschwören.
Edda Schmidt, Bundesvorsitzende des „Rings Nationaler Frauen“ (RNF) aus dem württembergischen Bisingen wünscht „der Veranstaltung einen guten Verlauf“ und betreut zusammen mit ihrem Mann Hans auch den RNF-Infotisch. Ebenfalls aus Baden-Württemberg ist NPD-Landesgeschäftsführer Alexander Neidlein (Crailsheim, Weikersheim) angereist und wirbt für die zur Landtagswahl 2011 pro Wahlkreis benötigten 150 Unterstützungsunterschriften, die jedoch nur baden-württembergische „Kameraden“ leisten durften. Nach einem Grußwort von Matthias Fischer, der gegenwärtig eine Haftstrafe absitzt, hält Anti-Antifa-Aktivist und „Bürgerinitiative Ausländerstopp Nürnberg“-Stadtrat Sebastian Schmaus eine bizarre Rede über Eigenarten der fränkischen Sprache und den Ausländeranteil in Nürnberg. Anschließend folgt eine langatmige Rede des FNS-Aktivisten Jürgen Schwab.