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13. November 2011

Die Bühne für die Auftaktkundgebung wird vorbereitet.  Foto: Tom Lux
Die Bühne für die Auftaktkundgebung wird vorbereitet. Foto: Tom Lux
Wunsiedel. Zu einem Neonaziaufmarsch mit Auftakt- und Abschlusskundgebung versammeln sich etwa 200 Neonazis in der oberfränkischen Kleinstadt. Zu der Aktion aufgerufen hat vor allem der bayernweite neonazistische Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ (FNS), auch die NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ hat die „öffentliche Versammlung am Volkstrauertag“ mit mehreren Anzeigen beworben. An der Mobilisierung war zumindest online auch der „TUM-Vertrieb“ des Augsburger Neonazi-Aktivisten Stefan Friedmann (Diedorf) beteiligt. Im NS-apologetischen, nationalistischen Aufruf der Neonazis heißt es u. a. : „Am Heldengedenktag, wie der Volkstrauertag auch genannt wird, gedenken auch und gerade wir Nationalisten den Toten, der Gefallenen, den Ermordeten – den toten Kämpfern für Freiheit, Ehre und einem Vaterland, das Germanien oder Großdeutschland hieß und heißt.“

Das „Freie Netz Süd“ hat zwei Reisebusse einer Straubinger Firma gechartert, die niederbayerische, oberbayerische und oberpfälzische Aktivist_innen nach Wunsiedel bringen. Einige wenige Neonazigruppen aus Sachsen (darunter die „Revolutionär Nationale Jugend“ um Rico Döhler aus Plauen) sowie Einzelpersonen der tschechischen Neonaziszene haben sich ebenfalls auf den Weg gemacht, den Hauptanteil der Anwesenden stellen allerdings Aktivist_innen  aus den Gruppen und dem Umfeld des FNS, darunter Vince Herczeg (München), Mike Edling (Landau), Robin Siener („Widerstand Cham-Regensburg“), Sebastian Schmaus („Bürgerinitiative Ausländerstopp Nürnberg“), Franz Sedlbauer („Kameradschaft München-Nord“), Steffen Reiche und Dominik Baumann („Jagdstaffel Deutsch Stolz Treu“), Matthias Bauerfeind („Kameradschaft Main-Spessart“), Vanessa Becker (Ex-„Freie Nationalisten München“/“Bürgerinitiative Ausländerstopp München“), die Neonazikameradschaften „Kameradschaft München Süd-Ost“, „Nationale Sozialisten Lichtenfels“ und „Fränkischer Heimatschutz Coburg“, die „Kameradschaft Geisenhausen“, „Freie Kräfte Erding“, „Nationaler Widerstand Kist/Altenstadt“ sowie einzelne NPD-Funktionäre wie Uwe Brunke (Traunstein), Rainer Biller (Nürnberg) und Kerstin Sager vom „Ring Nationaler Frauen“ in Bayern. Neben dem Ex-„Landser“-Sänger Michael Regener (Berlin) und dem bekannten norddeutschen Aktivisten Thomas Wulff sind keine weiteren prominenteren Neonazis angereist. Bei Polizeikontrollen wird Pfefferspray sowie ein Messer beschlagnahmt.

Der jüngst aus der haft entlassene FNS-Kader Matthias Fischer liest den Auflagenbescheid vor.  Foto: Timo Müller
Der jüngst aus der haft entlassene FNS-Kader Matthias Fischer liest den Auflagenbescheid vor. Foto: Timo Müller
Ab 11.00 Uhr treffen die Neonazis vor der Jean-Paul-Schule in der Eger-Straße ein, ab 12.00 Uhr wird eine kurze Marschstrecke zurückgelegt. Beim vom Berliner NPD-Kader Uwe Meenen angemeldeten Aufmarsch treten die NPD-Funktionäre Olaf Rose (Balje), Daniel Weigl (Wackersdorf) und Simon Preisinger (Flossenbürg) als Redner auf. Die Organisation liegt vollständig beim Neonazinetzwerk „Freies Netz Süd“: Die bekannte FNS-Aktivistin Stella Ruff (Fürth) gibt den Wartenden zu Beginn von einem kleinen Pavillon aus Bockwurst und Kartoffelsuppe aus, FNS-Führungskader Matthias Fischer liest den Auflagenbescheid vor, Norman Kempken kümmert sich um die Versammlungsleitung, Kai Zimmermann, Anti-Antifa-Aktivist beim FNS, versucht gegen Presseberichterstattung vorzugehen und Norman Bordin – mit Funkgerät und Schallschlauch im Ohr – gibt sich zumindest überaus geschäftig.

Martin Wiese fahrt beim 'Trauermarsch' das Lautsprecherfahrzeug.  Foto: Tom Lux
Martin Wiese fahrt beim ‚Trauermarsch‘ das Lautsprecherfahrzeug. Foto: Tom Lux
Rechtsterrorist Martin Wiese fährt das Lautsprecherfahrzeug (das er von seinem Münchner Arbeitgeber ausgeborgt haben soll) und baut auch die spärliche Technik auf der Ladefläche auf, ein Münchner Neonazi und Toni Kuster (Passau) helfen ihm dabei. Trotz des eigentlich als „Führungsauflage“ verhängten „Kontaktverbotes“ von Wiese zu seinen ehemaligen rechtsterroristischen Mittätern Thomas Schatt und Karl-Heinz Statzberger sind auch Schatt und Statzberger („Kameradschaft München“) wieder ebenfalls in Wunsiedel anwesend.

Aufmarsch in Wunsiedel am 13. November 2011.  Foto: Tom Lux
Aufmarsch in Wunsiedel am 13. November 2011. Foto: Tom Lux
Offensichtlich wollen die Neonazis die Stadt Wunsiedel, in der im Sommer 2011 das Grab des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß eingeebnet wurde, mit dem Aufmarsch noch einmal gezielt nerven und bedrohen. Die Neonazis versuchen jedoch auch, an die Tradition der „Rudolf-Heß-Gedenkmärsche“ anzudocken, die bis 2004 in der nordbayerischen Stadt stattfanden und seither aufgrund des §130 StGB verboten werden. Die bayerischen Neonazis greifen dazu mit dem Marsch sowohl die „Jürgen Rieger-Gedenkmärsche“ der letzten Jahre in Wunsiedel sowie die „Heldengedenkmärsche“ auf, die sie in den vergangenen Jahren – nach nationalsozialistischem Vorbild – jeweils in München durchgeführt hatten. Sowohl der Wunsiedler „Rieger-Gedenkmarsch“ als auch der Münchner „Heldengedenkmarsch“ war in diesem Jahr erstmals nicht mehr angemeldet worden.

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