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10. Mai 2011

Die Rechtsanwältin Judith Wolter mit Hans-Gerd Wiechmann und Ingeborg Lobocki.  Foto: Robert Andreasch
Die Rechtsanwältin Judith Wolter mit Hans-Gerd Wiechmann und Ingeborg Lobocki. Foto: Robert Andreasch
München. Mündliche Verhandlung vor dem Landgericht München (Pacellistr. 7) im Streit der Fusionsgegner_innen aus der „Deutschen Volksunion“ (DVU) gegen die mit der NPD verschmolzene Parteimehrheit.

Auf Seiten der Fusionsgegner_innen erscheinen der Vorsitzende des DVU-Landesverbands Niedersachsen, Hans-Gerd Wiechmann (Lüneburg) und für den DVU-Landesverband Schleswig-Holstein Ingeborg Lobocki (Kiel), rechtlich vertreten werden sie durch die „Pro Köln“-Funktionärin Judith Wolter (Kanzlei Markus Beisicht, Köln). Wolter, Wiechmann und Lobocki kommen gemeinsam mit dem bekannten Hamburger Neonazi Christian Worch zum Münchner Termin.

Auf Seiten der NPD bzw. der „Fusionspartei“ erscheint deren Rechtsvertreter Carsten Schrank (Berlin). Das Online-Portal „Netz gegen Nazis“ listet in einem längeren Lexikon-Artikel dessen Aktivitäten für die neonazistische Szene auf:

Im September 2000 war Schrank einer der Erstunterzeichner von Horst Mahlers Aufruf ‚Ja zu Deutschland, ja zur NPD‘. Bis hin zum Bundesverfassungsgericht vertrat er die NPD, wenn sie Aufmärsche gerichtlich durchsetzen wollte; auch dem NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt stand Carsten Schrank juristisch zur Seite. Er war Verteidiger in den Verfahren gegen die Täter der Menschenjagd in Guben und gegen Mitglieder der zwischenzeitlich als kriminelle Vereinigung verbotenen ‚Skinheads Sächsische Schweiz‘. Als Mitglieder der Neonazi-Band ‚Landser‘ hinter Gitter verschwanden, wurde zu Spenden für die Inhaftierten auf ein Konto Schranks (Verwendungszweck: ‚Freiheit‘) aufgerufen. Schrank hat mehrfach Rechtsschulungen für NPD-Gliederungen durchgeführt. Im Jahr 2009 hat der Anwalt die NPD-Bundesspitze bei einer Klage gegen den Bundestag vertreten, als dieser 2,5 Millionen Euro staatliche Gelder zurückforderte.

Der Verhandlungstermin in München gehört noch zum anhängenden Eilverfahren der Fusionsgegner_innen. Ursprünglich hatten die Kläger_innen mit ihrer Vertreterin Judith Wolter eine einstweilige Verfügung erstreiten wollen, nach der die Verschmelzung von DVU und NPD nicht rechtsmäßig sei. Hauptantragsthema war dabei zuerst ein angeblich gar nicht vorliegender Verschmelzungsvertrag. Nachdem ihnen Ende April jedoch durch die Gegenseite eine beglaubigte, unterzeichnete Vertragsversion zugesandt worden war, hat sich dieser Hauptantrag erledigt.

Rechtsanwalt Carsten Schrank vertritt die NPD bzw. die Fusionspartei.  Foto: Robert Andreasch
Rechtsanwalt Carsten Schrank vertritt die NPD bzw. die Fusionspartei. Foto: Robert Andreasch

Wolter und ihre Mandant_innen wollen daraufhin mit einem Hilfsantrag zunächst die Fusion für rechtlich unwirksam erklären lassen, da die diesbezüglichen Abstimmungen in der DVU nicht demokratischen Grundsätzen entsprochen hätten. Ein solcher Antrag nähme nach Ansicht des Münchner Landgerichts jedoch im Ergebnis die Entscheidung über die Rechtskraft der Parteienverschmelzung an sich vorweg, die in Zukunft gegebenenfalls in einem Hauptsacheverfahren zu prüfen sei.

Die Kläger_innen versuchen dann, mit einem anderen Hilfsantrag zu punkten: Bis zu einer Entscheidung in eben jenem Hauptsacheverfahren solle die Fusion von DVU und NPD unwirksam sein. „Zu unbestimmt“ und „nicht richtig unterfüttert“ deutet die vorsitzende Richterin jedoch eine Ablehnung auch dieses weitreichenden Antrags an und macht ihrerseits einen Vorschlag: Wolter solle bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren alle ihre Anträge im Eilverfahren zurückziehen und die Gegenseite/NPD dafür auf das Stellen von Kostenanträgen verzichten. Das Gericht räumt beiden Parteien eine Frist bis zum 24. Mai 2011 ein, innerhalb derer sie sich zum Vergleichsvorschlag äußern sollen.

Obwohl die vorsitzende Richterin sich nocheinmal an warnend an Wolter wendet („Für sie sind die Hürden sehr hoch und es ist sehr fraglich, ob es für Sie Sinn macht, weiterzumachen“) denken die Vertreter_innen der DVU-Reste nach dem mündlichen Verhandlungstermin ihren eigenen Internetveröffentlichungen zufolge dennoch daran, weitere Anträge zu stellen und den Vergleichsvorschlag des Gerichts nicht anzunehmen.

Die fehlende Rechtssicherheit im Streit um die Fusion von DVU und NPD bis zu einem rechtskräftigen Urteil im Hauptsacheverfahren dürfte in den folgenden Monaten noch erhebliche formale und rechtliche Probleme aufwerfen: An wen überweist die Bundestagsverwaltung fällige Gelder aus der Parteienteilfinanzierung? Wer darf zu Wahlen antreten (z. B. zur Kommunalwahl in Niedersachsen im September 2011)?

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