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1. bis 3. Juni 2012

Schwanstetten (Lkr. Roth)/Nürnberg. Rainer Biller (Nürnberg), aktiv in den Reihen des neonazistischen Kameradschaftsnetzwerks „Freies Netz Süd“ (FNS), hat in der Vergangenheit keine noch so absurde Behauptung ausgelassen, wenn er damit eine potentielle Bedrohungssituation andeuten konnte und/oder einen medialen Wirbel auszulösen hoffte: Die Eröffnung eines NPD-Büros im linksalternativen Nürnberger Stadtteil Gostenhof oder die Erröffnung eines neonazistischen Lagergeländes mit Patrouillenstreifen in der Oberpfalz zählten genauso dazu wie eine neonazistische Sicherheitswacht oder eine „Holocaustkonferenz“ in Nürnberg. Alle diese Behauptungen, die Biller in einer gewissen Regelmäßigkeit in den letzten Jahren aufstellte, waren tatsächlich mehr oder weniger heiße Luft.

Nun kündigt Biller eine gleich dreitägige „Konferenz“ („Der Holocaust aus biblischer Sicht“) vom 1. bis 3. Juni 2012 – an unbekanntem Ort – an. Referieren soll der einschlägig bekannte thüringische Neonazi Christian Bärthel, umtriebig nicht zuletzt in den Kreisen der Holocaustlegner Horst Mahler und Sylvia Stolz. Im August 2011 hatte Bärthel im oberfränkischen Wunsiedel mit der Behauptung Schlagzeilen produziert, einen „Gedenkgottesdienst“ für Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß abhalten zu wollen (welcher jedoch seitens der Stadt verboten und polizeilich verhindert wurde).

Laut Recherchen der Abendzeitung Nürnberg soll das nun angekündigte Treffen eigentlich in einer Gaststätte im mittelfränkischen Schwanstetten, mutmaßlich in der Erbschänke „Zum Schwan“ stattfinden. Die Schänke gehört einer extrem rechten Splittergruppe, dem „Zentralrat Souveräner Bürger“ (ZSB). Die Gruppierung entstammt dem Milieu der „Kommissarischen Reichsregierungen“, die die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennen und den rechtlichen Fortbestand eines „Deutschen Reichs“ propagieren. Passend dazu heißt es auf der Homepage der Erbschänke: „Wir gehören dem Staat Germanitien-Gesamtdeutschland an. Die Abgabenordung (sic!)(AO) der Bundesrepublik Deutschland findet keine Anwendung für Germanitien.“ Der ZSB war zuletzt im Jahr 2010 in den Schlagzeilen, als in der Schwanstettener Erbschänke die ehemalige CSU-Landrätin Gabriele Pauli für ihre damalige Partei „Freie Union“ auftrat. Mehrfach soll es in der Lokalität auch neonazistische Veranstaltungen gegeben haben. Nach dem Bekanntwerden der Veranstaltungspläne haben sich die Inhaber vom Holocaustleugnertreffen distanziert und eine Raumvergabe rückgängig gemacht.

Bärthel und Biller kündigen auf facebook an, ins Stadtgebiet Nürnberg ausweichen zu wollen. Stadt Nürnberg und die Polizei warnen daraufhin alle Nürnberger Gaststättenbetreiber vor der Veranstaltung. Mit Erfolg: Die Neonazis scheitern mit einer Raumanmietung in einem Lokal in Nürnberg-Schweinau. Am Samstagvormittag (2. Juni 2012) gegen 11.00 Uhr stehen Bärthel, Biller und acht rechte Sympathisant_innen schließlich auch an einem Hotel in der Höfener Straße vor verschlossenen Türen. Die Gastwirtin nimmt nach einem Gespräch mit der Polizei in letzter Minute die Reservierung zurück und bittet die Beamt_innen um Unterstützung bei der Durchsetzung ihres Hausrechtes. Daraufhin wollen die Neonazis ihre Veranstaltung auf der Außenfläche fortführen, was jedoch von den Beamten unterbunden wird. Gegen 12.00 Uhr löst sich die Personengruppe auf. Zur Situation vor Ort heißt es in einem Artikel auf www.nordbayern.de:

„Nicht nur Bärthel, der der neonazistischen Szene zuzuordnen ist, relativierte an diesem Vormittag mit absurden und geschichtsverfälschenden Vergleichen gleich mehrmals den Holocaust. Auch unter seinen knapp zehn ‚Jüngern‘, die sich mit Bibeln und obskurer Erweckungsliteratur zum vereinbarten Zeitpunkt vor dem Hotel eingefunden hatten, stellte der ein oder andere die deutschen Verbrechen am jüdischen Volk infrage: ‚Es war eine Bestrafung Gottes; Israel hat die Menschen in seine eigenen Gaskammern geschickt‘, erklärte ein Teilnehmer. Immer wieder ließen die überwiegend älteren Besucher auch gegenüber Pressevertretern ihren rechtsextremen Positionen freien Lauf.“

Siehe auch: Online-Ausgabe der „Abendzeitung Nürnberg“ (www.abendzeitung-nuernberg.de) vom 21. und 22. Mai 2012, Online-Ausgabe der „Nürnberger Zeitung“ (www.nordbayern.de) vom 23. Mai 2012, 24. Mai 2012, 2. Juni 2012 und 4. Juni 2012 sowie Meldung der Pressestelle des Polizeipräsidiums Mittelfranken vom 2. Juni 2012.

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