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Bücher zum Thema NSU und rechter Terror

Zum Themenbereich „Nationalsozialistischer Untergrund“ sind mittlerweile eine ganze Reihe von Büchern erschienen. Fünf von ihnen sollen hier vorgestellt werden.

„Das braune Netz“

Markus Bernhardt legt den Fokus seines Buches „Das braune Netz“ weniger auf die persönliche Entwicklung der drei bekannten NSU-Mitglieder, sondern beleuchtet vor allem deren Einbettung in ein extrem rechtes Terrornetzwerk und die Rolle der Geheimdienste. Wie bereits der Untertitel „Naziterror – Hintergründe, Verharmloser, Förderer“ vermuten läßt, kommen letztere dabei nicht besonders gut weg.

Nach einem kurzen Überblick über die Verbrechen des NSU und dessen Unterstützernetzwerk in Kreisen des „Thüringer Heimatschutz“ und „Blood & Honour“ spannt der Autor den Bogen zu den „Autonomen Nationalisten“ und stellt exemplarisch die Verhältnisse in Dortmund vor, um zu dem Schluss zu gelangen, daß eine rechtsterroristische Gefahr überall lauert und nicht auf Thüringen oder Sachsen beschränkt ist.

Danach widmet der Autor ein Kapitel den Reaktionen der rechten Szene auf die Enttarnung der Terrorzelle, die sich innerhalb eines Spektrums  von klammheimlicher Freude und Hochachtung bis zu Furcht vor staatlicher Verfolgung abspielt.

Wie die Geheimdienste, allen voran der Verfassungsschutz, die Terroristen letztendlich förderten und welche Rolle V-Männer und obskure Geheimdienstchefs spielten, führt den Autor zu der Spekulation, der Verfassungsschutz könne durchaus als Teil des Terrornetzwerkes betrachtet werden.

Diese Sichtweise wird durch das folgende Kapitel über die Extremismustheorie unterstrichen. Der Verfassungsschutz verwendet einen Extremismusbegriff, der davon ausgeht, dass alles Gedankengut, das nicht der „Mitte der Gesellschaft“ zuzurechnen ist, extremistisch sei und damit verfassungsfeindlich. Die Definition dessen, was als „Mitte“ zu betrachten ist, ist allerdings willkürlich gewählt, da „entsprechende Maßstäbe vom Selbstverständnis des Betrachters und seinen Werturteilen abhängen“ (S.71) Dieser Logik folgend stellt nach Bernhardt die Extremismustheorie ein ideologisch motiviertes staatliches Instrument gegen antifaschistische Politik dar. Die Kriminalisierung der Proteste gegen Naziaufmärsche in Dortmund und Dresden werden als Beispiele dafür aufgeführt.

Bernhardt möchte in seinem Buch darstellen, dass die Verbrechen des NSU nicht als isolierte Tat einer Zelle zu verstehen sind, sondern als Folge eines Zusammenwirkens staatlicher Organe und der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“ mit deren rechtem Rand. Antifaschismus kann sich nicht erschöpfen in der Forderung nach einem Verbot der NPD oder der Hoffnung auf Aufklärung aller Umstände, die zur Bildung des „Nationalsozialistischen Untergrund“ geführt haben. Als Ziel linker Politik und eines konsequenten Antifaschismus formuliert er abschliessend:

„Die Aufgabe  (…)sollte (…) darin bestehen, den Zusammenhang zwischen der Entwicklung des kapitalistischen Systems und der erstarkenden Neonaziszene (…) zu skandalisieren und den Kampf gegen Rassismus, soziale Deklassierung und Krieg (…) als Kernelemente ihrer Politik zu begreifen. Dann bestünde zumindest eine kleine Chance, den Druck auf die etablierte Politik so erhöhen zu können, dass im Kampf gegen militante Nazinetzwerke nicht weiterhin nur auf die Behandlung von Symptomen gesetzt, sondern das Übel an der Wurzel angepackt würde.“ (S.114)

Leider werden sehr viele Themenbereiche in einer eher unsystematischen Weise aneinandergereiht, jedes Kapitel springt ohne große Überleitung zu einem neuen Themenkomplex über. Wünschenswert für den/die Leser_in wäre auch gewesen, wenn der Autor nicht komplett auf Quellenangaben für die von ihm postulierten Analysen verzichtet hätte. So bleibt bei vielen seiner Einschätzungen leider das Gefühl hängen, es könne sich um reine Spekulation handeln.

Markus Bernhardt, Das braune Netz. Naziterror – Hintergründe, Verharmloser, Förderer. Neue Kleine Bibliothek 173, Köln 2012,  Papyrossa Verlag, 117 Seiten, 9,90 Euro, ISBN 978-3-89438-482-1

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