Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Geschichte der militanten Antifa

Cover 'Antifa heißt Angriff' (Unrast-Verlag) Cover 'Antifaschistische Aktion' (Unrast-Verlag)

Im letzten Jahr erschienen zwei Bücher, die sich die Geschichte der Antifa zum Gegenstand nehmen: Bernd Langers „Antifaschistische Aktion. Geschichte einer linksradikalen Bewegung“ und Horst Schöppners „Antifa heißt Angriff. Militanter Antifaschismus in den 80er-Jahren.“

Beiden Büchern ist gemeinsam, dass der jeweilige Autor nicht nur über die antifaschistische Bewegung schreibt, sondern sich als Teil dieser Bewegung begreift und innerhalb der Szene aktiv war.

 

Bernd Langers im Oktober 2014 erschienenes Buch ist in zwei Teile gegliedert. Teil 1 beleuchtet den historischen Antifaschismus, der den Nationalsozialismus in Deutschland bekämpfte und unter anderem zur Gründung der „Antifaschistischen Aktion“ führte. Er gibt einen hervorragenden Überblick über die historischen Begebenheiten, die organisierten Antifaschismus notwendig machten und behandelt die Thematik sehr ausführlich. Für Leser_innen, die sich mit den historischen Zusammenhängen noch nicht allzu ausführlich beschäftigt haben, ist dieser Teil des Buches ein guter Einstieg, um zu verstehen, wie ideologische Differenzen insbesondere zwischen KPD und SPD den Kampf gegen den Faschismus schwächten und letztendlich den Siegeszug des Nationalsozialismus erleichterten. Gut gefällt mir das Bemühen des Autors, möglichst ideologiefrei und neutral zu bleiben und nicht etwa, wie z.B. im Stile der SED-Geschichtsschreibung, die Rolle der KPD übermäßig zu betonen. Abhängig vom ideologischen Standpunkt des Lesers/der Leserin, werden natürlich unterschiedliche Auffassungen der Bewertung der historischen Begebenheiten durch den Autor nicht ausbleiben.

Der erste Teil des Buches gibt, anders als der Titel (der sich zunächst sehr stark auf die „Antifaschistische Aktion“ bezieht) vermuten lässt, einen soliden Überblick über das gesamte Spektrum des antifaschistischen Widerstandes und die Notwendigkeit desselben. Er fasst auf ca. 150 Seiten all das Wissen zusammen, das es braucht, um Teil 2 und die Notwendigkeit antifaschistischen Widerstandes auch über den 8. Mai 1945 hinaus zu verstehen.

Teil 2 befasst sich zunächst mit dem antifaschistischen Widerstand in der jungen BRD und DDR, arbeitet die jeweiligen Unterschiede heraus und erklärt, weshalb es direkt nach dem „Sieg über den Faschismus“ nötig war, sich antifaschistisch zu organisieren. So beschreibt Langer, wie der nationalsozialistische Ungeist in der jungen BRD nach wie vor institutionalisiert war und sich erneut organisierte. Während es in der DDR staatlich verordneten Antifaschismus und offiziell keine Nazis gab, dementsprechend angeblich auch keine Notwendigkeit, gegen diese vorzugehen, war in der BRD die Notwendigkeit einer linksradikalen Antifabewegung sehr schnell unumgänglich, so der Autor. Über die Militanz der im Zuge der APO enstandenen K-Gruppen, die militante Antifa der 80er und die Kämpfe der 90er Jahre spannt er den Bogen bis zu den heutigen Antifa-Bewegungen. Dabei wird deutlich, dass Antifaschismus nicht nur der Kampf gegen ein paar hirnlose Schläger ist, sondern systemkritisch und global ausgerichtet sein muß.

Fazit: „Antifa bleibt Teil der Lösung“.

Bernd Langer
Antifaschistische Aktion. Geschichte einer linksradikalen Bewegung.
UNRAST-Verlag Münster
Oktober 2014
ISBN 978-3-89771-574-5
16€

Horst Schöppner greift sich in seinem Buch „Antifa heißt Angriff“ explizit die militante Antifa der 80er Jahre heraus und begründet diese Auswahl mit der fehlenden Geschichtsschreibung zu diesem Zeitraum. In mühevoller Recherche führte er Interviews mit damals aktiven militanten Antifaschist_innen und stöberte in Archiven nach Material aus dieser Zeit.

Heraus kam dabei ein äußerst lesenswertes Buch, das Einblicke in die damalige Zeit gewährt. Es setzt sich mit antifaschistischer Militanz auseinander und liefert beinahe exklusives Hintergrundwissen über die Antifa-Szene der Zeit ab 1980 in Bezug auf Diskussionen, Programmatik, Aktionen und Organisierung. Der/die Leser_in erfährt, woher der Anstoss zur Gründung zahlreicher antifaschistischer Gruppierungen im gesamten Bundesgebiet kam. Ebenso beleuchtet er das Verhältnis zwischen militanten Antifas und Autonomen. Breiten Raum nimmt auch die Betrachtung der damals getroffenen politischen Aussagen ein. Schöppner zeigt auch auf, woran der Ansatz „militanter Antifaschismus“ in der damaligen Form letztendlich scheiterte.

Das Buch liest sich nahezu spannend wie ein Krimi und verlangt dem/der Leser_in Hochachtung vor den damaligen Aktivist_innen ab. Es hat das Zeug dazu, zum Standardwerk über den militanten Antifaschismus der achtziger Jahre zu werden – zumindest, was die Gruppierungen betrifft, die in den bundesweiten Städteplenen organisiert waren. Allerdings fehlen Informationen über all die Gruppierungen, die nicht in diesem Rahmen organisiert waren, oder sich erst nach dessen Ende konstituierten, nicht zuletzt die Archivarbeit (wobei der Gerechtigkeit halber gesagt werden muß, dass Archivarbeit nun auch nicht unbedingt unter den Begriff „militanter Antifaschismus“ fällt).

Inhaltliche Überschneidungen zum Buch von Bernd Langer sind naturgemäß immer mal wieder gegeben, nehmen aber in der Regel keinen allzu großen Raum ein und dienen dem Gesamtverständnis der damaligen Situation.

Horst Schöppner
Antifa heißt Angriff. Militanter Antifaschismus in den 80er-Jahren
UNRAST-Verlag
Münster 2015
ISBN 978-3-89771-823-4
16€

Mein Tipp: Beide Bücher sind absolut lesenswert, wobei es sinnvoll ist, zuerst Bernd Langers Buch zu lesen und danach das von Horst Schöppner.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen