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23. August 2012

München. Gegen 21.00 Uhr versammeln sich 20 Neonazis um den führenden „Freies Netz Süd“ (FNS)-Aktivisten Karl-Heinz Statzberger (Markt Schwaben), den stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Karl Richter (München) und Daniel T. (München) im Dunkeln vor dem Justizgebäude (Sandstraße/Ecke Nymphenburger Str.). Statzberger hat die Versammlung als „Eilversammlung“ unter dem Motto „Unsere Solidarität gegen eure Repression! – Meinungsdiktatur überwinden“ angemeldet. Die Behörden informieren die Öffentlichkeit nicht und führen die Versammlung auch im Nachhinein nicht in den Pressemeldungen auf. Eine Stunde lang stehen die Neonazis mit Fackeln, schwarzen Fahnen, einer Bayernfahne, zwei Transparenten des „Freien Netz Süd“ („Unsere Solidarität gegen Eure Repressionen“) bzw. der „Kameradschaft München“ („Für das freie Wort“) sowie dem Hochbanner der „Kameradschaft München“/“Freies Netz Süd“ („wir kämpfen für Euch“) bei der nicht öffentlich beworbenen „Solidaritäts-Kundgebung“. Redebeiträge gibt es am Anfang von Richter, T. und Karl-Heinz Statzberger, später stehen die Teilnehmenden stumm da.

Logo der nun verbotenen militanten Neonazikameradschaft 'KAL' bei einem Aufmarsch in Dortmund 2010.  Foto: Robert Andreasch
Logo der nun verbotenen militanten Neonazikameradschaft ‚KAL‘ bei einem Aufmarsch in Dortmund 2010. Foto: Robert Andreasch
Am frühen Morgen hat der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Neonazigruppen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL), „Kameradschaft Hamm“ und „Nationaler Widerstand Dortmund“ verboten. Es folgen Hausdurchsuchungen in 32 Städten Nordrhein-Westfalens, 900 Polizeibeamt_innen sind im Einsatz. In München gibt es keine Razzia. Dabei lebt hier mit Daniel T. mittlerweile einer derjenigen hochgefährlichen Neonazis, dessen militante Aktivitäten jetzt mit zum KAL-Verbot führten.

Am 22. September 2010 wurde T. in Aachen wegen Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags verhaftet. KAL-Mitglieder hatten im Vorfeld eines Aufmarsches am 1. Mai 2010 in Berlin aus Böllern und Glassplittern sechs Sprengsätze gebaut. T. und ein anderer Neonazi nahmen diese Minibomben nach Berlin mit, wo sie gegen Linke und Polizist_innen eingesetzt werden sollten.

T. war auch Haupttäter der Schändung des jüdischen Friedhofs in Aachen. Im Zeitraum zwischen 30. Juli und 2. August 2010 führten Neonazis in Aachen Sprühaktionen durch. Dabei griffen sie den jüdischen Friedhof an: sie beschmierten das Eingangstor sowie die Gedenktafel, sprühten auf einer Länge von 40 Metern Hakenkreuze sowie die Sprüche „Freiheit für Palästina“ und, über 15 Meter lang, „Den Juden den Gashahn aufdrehen“ auf die Mauer. Danach waren Parteibüros der Linken und der Grünen an der Reihe, die die Neonazis mit Hassparolen beschmierten, es folgten dann Schmierereien an einer Werbetafel des Aachener Zeitungsverlags und an den Rolläden der Wohnung eines Aussteigers aus der rechten Szene. Im Prozess vor der Jugendkammer des Aachener Landgerichts im Januar/Februar 2011 präsentierte sich T. als angeblich reumütiger „Aussteiger“, gestand die meisten Anklagepunkte und wurde wegen Vor­be­rei­tung eines Ex­plo­si­ons­ver­bre­chens, wegen Volks­ver­het­zung und Ver­wen­dens von Kenn­zei­chen ver­fas­sungs­widriger Or­ga­ni­sa­tio­nen lediglich zu einer Be­wäh­rungs­stra­fe von zwei Jah­ren ver­ur­teilt. An einer im Juli 2010 vor dem Aachener AZ abgelegten Bombenattrappe hatten Ermittler DNA-Spuren von Daniel T. festgestellt, bis heute, über zwei Jahre später, gab es dazu jedoch keinen Prozess.

Auf freien Fuß gekommen, zog T. nach München, wo er als Koch arbeiten soll. T.s angeblicher „Ausstieg“ hatte ihm eine Bewährungsstrafe verschafft. Tatsächlich war dieser Wandel völlig vorgetäuscht. In München wirkte T. ziemlich schnell wieder in der hiesigen Neonaziszene, zuerst etwas im Hintergrund, zuletzt jedoch mehr und mehr sichtbar. In den letzten Wochen nahm Daniel T. z. B. in den Reihen Münchner Neonazis an zwei „Montagsdemonstration“ der „Freien Wähler“ teil.

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