Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Neonazis marschieren in Augsburg

Unter dem Motto „65 Jahre britisch-amerikanischer Bombenterror über Augsburg“ demonstrierten am Samstag, 28. Februar 2009, ca. 200 Neonazis in Augsburg.
von Alexander Kufner

Die jährliche Gedenkdemonstration wird traditionell vom „Augsburger Bündnis – Nationale Opposition e.V.“ um Roland Wuttke organisiert. Dieses Jahr mobilisierten neben den Parteigliederungen „NPD-Schwaben“ und „DVU-Schwaben“ und den Betreibern der homepage „Nationales Augsburg“ vor allem das „Freie Netz Süd“. Anmelder der Veranstaltung war der Landespressesprecher der NPD und Multifunktionär der extremen Rechten in Bayern, Roland Wuttke (Mering). Wuttke hatte im Vorfeld beim zuständigen Verwaltungsgericht erfolgreich gegen ein von der Stadt Augsburg verhängtes Verbot der Demonstration geklagt.

TeilnehmerInnenzahl verdoppelt

Der Beteiligung des „Freien Netz Süd“, einer neuen Organisationsplattform der fränkisch-oberpfälzischen Neonaziszene, dürfte es zu verdanken sein, dass die TeilnehmerInnenzahl im Vergleich zu den Vorjahren mehr als verdoppelt werden konnte (2007: ca. 70 TeilnehmerInnen, 2008: ca. 60 TeilnehmerInnen). So dominierten auch AktivistInnen aus Franken, der Oberpfalz sowie München das Erscheinungsbild der Demonstration. Ebenfalls anwesend waren Gruppierungen und Einzelpersonen aus ganzen bayerischen Bezirk Schwaben sowie aus dem nahen Baden-Württemberg.

Neben den Führungskadern des „Freien Netz Süd“, Matthias Fischer (Fürth), Tony Gentsch (Toepen) und Robin Siener (Cham) waren eine Reihe weiterer Kader und Funktionäre der extremen Rechten aus Bayern anwesend. So zum Beispiel der verurteile Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger (München), die NPD-Funktionärin Renate Werlberger (München), die Führungskader der „Freien Nationalisten München“ Philipp Hasselbach und Manuel Heine (München), der Stadtrat der Nürnberger „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ Sebastian Schmaus, die Kameradschafts- und Anti-Antifa Aktivisten Norman Kempken und Fred Ballschuh (Nürnberg), der NPD-Funktionär Willi Wiener (Wörth) sowie die ehemalige stellvertretende JN-Landesvorsitzende Martina Maal (Regensburg).

Während des Aufzugs fielen der Anti-Antifa-Aktivist Martin A. (Geiselhöring) sowie NPD-Kandidat  Stefan Friedmann (Diedorf) durch das Fotografieren von JournalistInnen, PolizistInnen und GegendemonstrantInnen auf.

Täter-Opfer-Verdrehung in den Redebeiträgen

Redebeiträge hielten der stellvertretende Landesvorsitzende der DVU (und zugleich zeitweise auch Landesvorstandsmitglied der NPD) Walter Baur, der Anmelder des Aufzugs Roland Wuttke sowie die Münchner NPD-Funktionärin Renate Werlberger.

Als erster Redner thematisierte Walter Baur die Bombardierung Augsburgs sowie die Luftschläge der Alliierten Streitkräfte gegen Nazideutschland im Allgemeinen. Augsburg und das Deutsche Reich wurden von Baur als die unschuldigen Opfer des 2. Weltkriegs ausgemacht und die Bombardierungen als willkürliche Verbrechen der Alliierten dargestellt. Von jeder Vorgeschichte der alliierten Aktionen wurde dabei abstrahiert.

Die amerikanischen Luftangriffe vom Februar 1944 wurden durch Walter Baur mit verschiedenen amerikanischen Kriegen nach 1945 in eine Reihe gestellt. Hierdurch soll der Waffengang gegen Nazideutschland, der Reaktion auf Angriffskrieg und Vernichtung war, mit in großen Teilen der bürgerlichen Öffentlichkeit als nicht legitim geltenden Kriegen in Verbindung gebracht werden. Ziel ist es, die Deutschen in der Wahrnehmung zu kollektiven Opfern des 2. Weltkriegs werden zu lassen. Auch durch die übrigen Redebeiträge zog sich ein Tenor, der eine Verdrehung der Täter-Opfer-Perspektive zum Ziel hatte.

NS-Verherrlichung

In die gleiche Stoßrichtung zielten auch die Inhalte einiger mitgeführter Transparente. So war vom „britisch-amerikanischen Bombenterror“ die Rede und mit „300.000 Toten“ wurde bewusst eine massiv überhöhte Opferzahl im Zusammenhang mit den Luftangriffen auf Dresden verwendet. Weitere mitgeführte Transparente hatten NS-verherrlichende Inhalte wie „Nationalen Sozialismus erkämpfen“ sowie „Ruhm und Ehre der Wehrmacht“.

Zivilgesellschaftlicher Protest

Entlang der Route des Naziaufmarsches protestierten mehrere hundert Personen gegen den Aufzug. In der Innenstadt gab es eine Reihe an Gegenveranstaltungen, so zum Beispiel von der VVN-BdA, den Jusos, der Stadt Augsburg sowie von MigrantInnenvereinen. Bereits am Vormittag fand eine von den Gewerkschaften organisierte Gegendemonstration statt.

Der Streit geht weiter

Für die extreme Rechte in Bayern dürfte die Demonstration einen Erfolg darstellen: „NPD“, „DVU“, „Freies Netz Süd“, „Autonome Nationalisten“ und andere „Freie Kameradschaften“ gingen gemeinsam auf die Straße. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich diese Entwicklung in Bayern fortsetzen wird. Dagegen sprechen bereits Berichte von Internetseiten der extremen Rechten selbst. So wird berichtet, dass „Aktivisten aus Franken“ sich nach dem Marsch in Augsburg während des Wartens auf „inhaftierte Kameraden“ betrunken hätten und dann Rufe wie „Hasselbach und Heine – Judenschweine“ und Gewaltandrohungen gegen die „Freien Nationalisten München“ ausgestoßen hätten.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen