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Akademische Anti-Antifa

Die Villa der Burschenschaft Cimbria in München-Bogenhausen.  Foto: Robert AndreaschDie Münchner „Burschenschaft Cimbria“ lud im April 2011 zu einem „Symposion Deutschland – Land der Tabuisierung“ nach Bogenhausen ein. Es referierten dort die Berliner Erik Lehnert vom „Institut für Staatspolitik“ („Der Fall Sarrazin. Ein Weckruf und die Folgen“) und Felix Krautkrämer von der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ („Das linke Netz“). Wir berichten über die bei der Cimbria geäußerten Thesen der Referenten, über die antisemitischen Töne auf der Veranstaltung und wie dort die NPD gelobt wurde.

Mitten im Münchner Nobelstadtteil Bogenhausen liegt die Villa der „Burschenschaft Cimbria“. Die „Cimbria“ gehört der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG) an, dem rechten Flügel der völkischen „Deutschen Burschenschaft“ (DB). „Symposion Deutschland – Land der Tabuisierung“, lautete der Titel der Veranstaltung, die am 30. April 2011 rund 35 Personen in das Anwesen lockte, vor allem Burschenschafter und „Alte Herren“ mit Band und Mütze. Als Referenten waren Erik Lehnert, Geschäftsführer des neurechten „Institut für Staatspolitik“ (IfS), zum Thema „Der Fall Sarrazin. Ein Weckruf und die Folgen“, sowie Felix Krautkrämer, Redakteur der „Jungen Freiheit“ (JF), über „Das linke Netz“ geladen. Beworben worden war die Veranstaltung auf der Website der „Cimbria“, im „Rundbrief“ des IfS sowie auf der Website der Zeitschrift „Sezession“, dem Hausblättchen des Instituts.

Sarrazins „Weckruf“

Lehnert referierte ausschweifend die Thesen Thilo Sarrazins und zeichnete den Verlauf der Debatte um dessen Buch nach. Ohne Krawatte und mit saloppem Berliner Dialekt passte er nicht ganz in die Welt der steifen Burschenschafter. Doch seine Ausführungen fanden Zustimmung. Er jammerte über angebliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit für Konservative und Rechte und lobte Sarrazin dafür, dass er das „Tabu“ der Debatte um Migration und Islam gebrochen habe. Und er schimpfte über Kritiker Sarrazins, vor allem über den Redakteur der konservativen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Patrick Bahners, der in seinem Buch „Die Panikmacher“ mit den „Islamkritikern“ abgerechnet hatte. Doch auch Sarrazin selbst wurde von Lehnert kritisiert. Der wünsche sich bloß eine DDR mit Meinungsfreiheit, meinte er. Zudem sei dessen Wille, in der SPD Mitglied zu bleiben, unverständlich. Auch das Publikum schätzte Sarrazin nur bedingt. Denn seine Partei sei schließlich mit für das verantwortlich, was Sarrazin eigentlich kritisiere.

Eingang zur Burschenschaft Cimbria.  Foto: Robert Andreasch
Eingang zur Burschenschaft Cimbria. Foto: Robert Andreasch
Lehnert machte klar, dass er nicht auf Parteien setze. Er kritisierte, dass bei den kommenden Wahlen in Berlin mehrere Parteien rechts der CDU konkurrierend antreten. Besonders hart ging er mit der neugegründeten Partei „Die Freiheit“ um René Stadtkewitz ins Gericht. Anstatt Wahlkampf in Berlin zu machen, fahre der Parteichef erst einmal nach Israel: „Da weiß man doch, woher der Wind weht!“ Dass antisemitische Anspielungen in diesem Kreis auf Zustimmung stoßen, zeigte sich auch, als Lehnert anmerkte, dass eine von der SPD in Auftrag gegebene kritische Studie zu Sarrazins Thesen vom Potsdamer „Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien“ stamme. Da raunte das Publikum wohlig vor Empörung. Statt auf Parteien setzt Lehnert auf „Graswurzel-Arbeit“. Es müsse gelingen, „erst einmal wieder Grundlagen zu legen, um handlungsfähig zu werden“, sagte er. Das IfS wolle mit seiner Arbeit dazu beitragen.

Akademische Anti-Antifa

Der zweite Referent, der JF-Redakteur Felix Krautkrämer, steht derzeit im burschenschaftlichen Milieu hoch im Kurs: In der Ausgabe Nr. 4/2010 der „Burschenschaftlichen Blätter“ rezensiert Matthias Brauer („Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“) voller Begeisterung Krautkrämers schmales Bändchen „Das linke
Netz“. Darin schreibt Krautkrämer über das vermeintliche „Zusammenspiel zwischen der Wochenzeitung Die Zeit, dem Netz gegen Nazis, der Bundeszentrale für politische Bildung und der linksextremen Szene“. „Mit viel Akribie und Liebe fürs Detail“, so Brauer, widme sich Krautkrämer der Beobachtung antifaschistischer AutorInnen und „selbsternannter Enthüllungsjournalisten“.

Seinen Vortrag bei der „Cimbria“ bestritt Krautkrämer mit umgebundener Schärpe seiner Freiburger Studentenverbindung („K.D.St.V. Hohenstaufen Freiburg“). Doch Detailkenntnis und Akribie fehlten. Stattdessen erzählte er lieber Schauermärchen und nahm es dabei mit der Wahrheit manchmal nicht so genau, wenn es um die Förderung linker oder antifaschistischer Projekte durch den Staat ging. Grundtenor seines Vortrags: Der Staat finanziere durch Projekte gegen „Rechts“ auch „Linksextremisten“.

Da es mit den eigenen Recherchen bei Krautkrämer nicht allzu weit her ist, wie auch die juristischen Auseinandersetzungen um seine letzte Broschüre „Die offene Flanke der SPD“ zeigten, bezog er sich in seinem Vortrag immer wieder auf den Verfassungsschutz und den Bayerischen Innenminister zur Legitimation der eigenen Behauptungen. Krautkrämer schoss sich vor allem gegen JournalistInnen ein, die seit Jahren die extreme Rechte beobachten und analysieren. Ausdrückliches Lob für ihren Kampf gegen die politische Linke erhielten dagegen von Lehnert Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) und die NPD, die im Sächsischen Landtag mit Anfragen den „Linksextremismus“ zu skandalisieren versuche.

Die rechte politische Spannbreite in der Burschenschaft „Cimbria“ dürfte klar abgesteckt sein. Als ein Veranstaltungsteilnehmer fragte, ob die CSU noch ein politischer Hoffnungsträger für die Rechte sei, erntete er nur Gelächter.

Dieser Artikel von Johannes Brumme erschien zuerst in der Fachzeitschrift „Der rechte Rand“, Ausgabe 130 (Mai/Juni 2011). Die Veröffentlichung auf www.aida-archiv.de erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion.

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