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Katholischer Bischof marschiert mit Rechtsterroristen

Dass beim „Tausend Kreuze für das Leben“-Marsch am Samstag in München neben christlichen Fundamentalist_innen auch Teile der Münchner Neonaziszene aufmarschierten, kommt nicht von ungefähr: Die Ideologie der sich selbst zynisch „Lebensschützer“ nennenden Abtreibungsgegner_innen ist nicht frei von Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und von einer Verharmlosung des Nationalsozialismus.

Joseph Kurtz
Joseph Kurtz (Foto: ra)
Alle sind sie Teil eines gemeinsamen Aufmarsches: Joseph Kurtz, der katholische Erzbischof von Louisville/Kentucky und Wolfgang Hering, Hauptakteur der Münchner Abtreibungsgegner_innen sind u. a. mit Norman Bordin, dem vorbestraften neonazistischen Gewalttäter, sowie mit den Münchner Kameradschaftsaktivisten Philipp Hasselbach, Mike Nwaiser und Markus Heine unterwegs. Seit mehreren Monaten hatten christlich-fundamentalistische Gruppen nach 2002 und 2006 zu einem erneuten „1000 Kreuze für das Leben“-Aufzug nach München mobilisiert. Schon am Vorabend stellte ihnen die katholische Kirche die Theatinerkirche St. Kajetan zur Verfügung, am Sonntag dann der Freistaat Bayern den Max-Joseph-Saal in der Residenz. Der Marsch wurde von zahlreichen Organisationen von Abtreibunsgegner_innen beworben, u. a. der „Aktion Lebensrecht für Alle e.V.“ (Augsburg). Seit Wochen riefen Münchner Neonazis ihr Klientel zur Teilnahme auf. Fast ein Drittel der 200
Karl-Heinz Statzberger
Der verurteilte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger (2.v.r.) (Foto: ra)
Teilnehmer_innen, die sich ab 16 Uhr  für die abstruse Mischung aus Prozession und Demo auf dem Marienplatz sammeln, sind am Ende der Münchner, oberbayerischen und niederbayerischen Neonaziszene zuzuordnen. Der katholische Erzbischof Joseph Kurtz läutet mit einer grossen silbernen Schiffsglocke, als NPD-Funktionär Karl Richter und der als Rechtsterrorist verurteilte Karl-Heinz Statzberger im Rahmen des Marsches unterhalb des Friedensengels Rosen in die Isar fallen lassen. Das soll, zusammen mit laut ausgerufenen „Kindernamen“, irgendwie an angeblich „im Mutterleib ermordete Kinder“ erinnern und wurde als Aktionsform von den „Lebensschützern“ so schon im Juli diesen Jahres in Salzburg erprobt.

„Jeder ist willkommen“

Untereinander gibt es kaum Probleme in der „gespenstischen Allianz“ (TZ) . Lediglich, dass sich ein kleiner Block der selbsternannten „Freien Nationalisten München“ zum Gebet unterwegs nicht hinkniet, verstimmt die Veranstalter_innen um Wolfgang Hering. Im Vorfeld hatte sich Herings Organisation „Euro Pro Life“ gegenüber dem NPD-Blog (www.npd-blog.info) auf Anfrage geweigert, sich von den Neonazis zu distanzieren: „Jeder, der von Herzen in diesem Anliegen mit uns mitbeten möchte, ist willkommen.”

Man teilt sich auch die Feinde: Die gemeinsamen Feinde sind am Samstag Nachmittag zum einen Linke und Antisexist_innen, die mit Lärm, kreativen Aktionen, wandernden Riesenkondomen und dem ein oder anderen Blockadeversuch den Marsch torpedieren. Zum anderen die Medien: die Einen halten Pressefotografen die behandschuhte Hand vors Objektiv, die Anderen eben den Rosenkranz. Neonazistische Anti-Antifa-Aktivisten fotografieren und bedrohen Gegner_innen und Pressevertreter_innen. Darunter sind welche aus dem Kreis der sog. „Anti-Antifa Nürnberg“. Auch Thomas Schatt, ebenfalls verurteilt wegen Mitgliedschaft in einer (rechts-)terroristischen Vereinigung, versucht, Gegendemonstrant_innen zu fotografieren. Homophobe und sexistische Sprüche, so berichten es Anwesende, sind im gesamten Demo-Zug nicht selten. Die Veranstalter lassen zwei junge Männer aus dem Marsch werfen, weil sie sich küssen. Dem einen jungen Mann schlägt ein Christ noch ein Marienbild auf den Kopf. Die Teilnehmenden singen dazu: „Dona nobis pacem“ – „Gib uns deinen Frieden“.

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