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Stellvertreter Rieger statt Stellvertreter Heß

Aufmarsch am 30. Oktober 2010 in WunsiedelAm 30. Oktober 2010 hatten „Freie Nationalisten“ und NPD zum zweiten Gedenkmarsch zu Ehren Jürgen Riegers nach Wunsiedel geladen. Dem Aufruf anlässlich des ersten Todestages des bekannten Multifunktionärs der neonazistischen Rechten folgten nur knapp 200 Personen in die oberfränkische Fichtelgebirgsstadt.

Juristische Auseinandersetzungen im Vorfeld

Die Versammlung unter dem Motto „Für Einigkeit und Recht und Freiheit. Gedenkmarsch für Jürgen Rieger“ war zunächst vom Landratsamt Wunsiedel untersagt worden, da eine positive Bezugnahme auf den in Wunsiedel begrabenen Hitlerstellvertreter und NS-Kriegsverbrecher Rudolf Heß zu erwarten sei – und damit die Verherrlichung oder Billigung nationalsozialistischer  Gewalt- und Willkürherrschaft drohe. Das Verwaltungsgericht Bayreuth folgte dieser Begründung nicht und verwies auf mögliche Versammlungsauflagen, welche die Gefahr eines positiven Bezuges auf Heß ausschließen könnten.

Dass trotz frühzeitiger Rechtssicherheit bezüglich der Durchführbarkeit der Veranstaltung letztlich nur etwa 200 Neonazis nach Wunsiedel kamen, dürfte eine Reihe von Gründen gehabt haben: Hervorzuheben ist zum Einen, dass die Strahlkraft des Bestattungsortes des NS-Kriegsverbrechers Heß, ohne eine konkrete Bezugnahme auf dessen Person, offensichtlich schwach ist. Für die magere Teilnehmer_innenzahl dürften zum Anderen die veranstaltenden Personen und Gruppen verantwortlich sein: Diese sind, wie es auch der stellvertretende NPD-Parteivorsitzende Jürgen Rieger war, durchweg dem offen nationalsozialistischen Flügel der Szene zuzurechnen. Gerade im Hinblick auf die Parteienfusion mit der DVU und den derzeitigen Versuch, in bürgerlich-rassistischen Diskursen als seriöser Akteur wahrgenommen zu werden, scheint dies auf einige Parteiverbände und „Freie Nationalisten“ abschreckend gewirkt zu haben.

Die Organisation vor Ort

So gab es in Wunsiedel ein Schaulaufen von überwiegend jungen Neonazis zu beobachten. Das Gros der Teilnehmer_innen bestand aus Aktiven aus den Reihen der im „Freien Netz Süd“ organisierten Kameradschaftsszene aus ganz Bayern. Deren lokale Führungskader waren fast gänzlich angereist, so zum Beispiel Daniel Weigl („Widerstand Schwandorf“, Wackersdorf), Benjamin Boss („Nationale Sozialisten Amberg“, Amberg), Simon Preisinger („Widerstand Tirschenreuth“, Flossenbürg), Thomas Huber („Kameradschaft München“, München), Karl-Heinz Statzberger („Kameradschaft München“, Unterschleißheim), Matthias Bauerfeind (Himmelstadt), Walter Strohmeier („Nationales Bündnis Niederbayern“, Viechtach), Robin Siener („Widerstand Cham“, Cham) sowie die Franken Sebastian Schmaus („Anti-Antifa Nürnberg“, Nürnberg), Kai Zimmermann (Fürth), Michael Reinhardt („Anti-Antifa Nürnberg“, Nürnberg), Norman Kempken (Nürnberg) und Tony Gentsch („Kameradschaftsbund Hochfranken“, Oberprex).

Niederbayerische Neonazis in Wunsiedel, am Transparent rechts außen: Walter Strohmeier.
Niederbayerische Neonazis in Wunsiedel, am Transparent rechts außen: Walter Strohmeier.
Kader des Freien Netz Süd (FNS) in Wunsiedel: Sebastian Schmaus (l.) und Tony Gentsch (m.)
Kader des Freien Netz Süd (FNS) in Wunsiedel: Sebastian Schmaus (l.) und Tony Gentsch (m.)

Die Neonazis aus der Metropolregion Nürnberg waren vor Ort federführend für den organisatorischen Ablaufs verantwortlich. Sie stellten die Infrastruktur (Bierzeltgarnituren und Pavillon für den Verkauf von Essen und Getränken), fungierten als Ordner_innen, „Anti-Antifa-Fotografen“ und Trommler. Als überdimensionierte Bühne diente, wie bereits beim Neonaziaufmarsch im 1. Mai in Schweinfurt, ein LKW mit Würzburger Kennzeichen. Karsten Panzer (Plößberg) stellte das „Wahlkampfmobil“ des Oberpfälzer Bezirksverbandes der NPD als Lautsprecherwagen zur Verfügung.

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