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Diffamierungskampagne des bayr. Innenministeriums gegen a.i.d.a.

a.i.d.a. e. V.Die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.) dokumentiert seit 1990 die Aktivitäten der extremen Rechten und informiert darüber Presse und Öffentlichkeit.1 Initiativen gegen Rechts schätzen die Arbeit des mehrfach ausgezeichneten Archivs2, so etwa die Münchner Grünen oder der Bayerische Jugendring, bei dem auch die Landeskoordinierungsstelle Bayern gegen Rechtsextremismus3 angesiedelt ist.

Die erfolgreiche Zusammenarbeit im Kampf gegen die extreme Rechte ist dem Bayerischen Innenministerium aber offensichtlich ein Dorn im Auge. Scheinbar will sich die bayerische Staatsregierung die alleinige Informations- und Deutungshoheit über das Thema Rechtsextremismus, das sich dagegen richtende Engagement sowie die Bildungsarbeit in diesem Bereich sichern. Linke, kritische, zivilgesellschaftliche Gruppen stören dabei offensichtlich.

Vor diesem Hintergrund sieht sich a.i.d.a. mit einer Diffamierungskampagne der bayerischen Staatsregierung konfrontiert, deren Höhepunkt jetzt die Aufnahme des seit 1990 arbeitenden Vereins in den Verfassungsschutzbericht Bayern 2008 ist. Die Publikation des Verfassungsschutzes listet a.i.d.a. in einer Tabelle unter der eigens dafür geschaffenen Kategorie „sonstige Linksextremisten“ auf. Darüberhinaus taucht a.i.d.a. an zwei weiteren Stellen im bayerischen Verfassungsschutzbericht 2008 auf: In der Rubrik „Freie Nationalisten München“ als Ziel einer Neonazi-Demonstration unter dem Motto „Linksextreme Strukturen erkennen – A.I.D.A.-Archiv verbieten!“4 sowie als Ziel extrem rechter Aktivitäten unter „3.3 Linksextremistisch motivierte Straftaten / 3.3.1 Gewalttaten“, wo es heißt:

Eine Vortragsveranstaltung über „den Stand der extrem rechten Szene in München“ der linksextremistischen „Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e.V.“ (a.i.d.a.) im „Kafe Marat“, einem örtlichen Anlaufpunkt auch des autonomen Spektrums in München (vgl. auch Nummer 3.1.2 dieses Abschnitts), veranlasste Rechtsextremisten zu Gegenprotesten. Ein Aufzug der „Freien Nationalisten München“ am 13. Juni unter dem Motto „Linksextreme Strukturen erkennen – a.i.d.a.-Archiv verbieten!“, der am „Kafe Marat“ vorbeiführen sollte, war dabei ein Höhepunkt linksautonomer Gewaltanwendung in München. Unter dem Slogan „Kein Mal und nie wieder – Keine Nazis vor dem Kafe Marat oder sonst wo!“ mobilisierten Autonome gegen die rechtsextremistische Versammlung. Repräsentanten der Partei DIE LINKE. meldeten unter dem Motto „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen – Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda; Die Linke. in den Bayerischen Landtag“ eine Gegenveranstaltung an. Trotz erheblicher Ausschreitungen kam es aufgrund des massiven Polizeiaufgebots zu keinem direkten Aufeinandertreffen der Versammlungsteilnehmer mit den Gegendemonstranten.“5

Der Bericht nennt a.i.d.a. also lediglich als Ziel extrem rechter Agitation sowie als Veranstalter eines Vortrags und bleibt jeglichen Beleg für die Nennung im Bericht schuldig.

Der bayerische Staatsminister des Innern, Joachim Herrmann, geht sogar noch einen Schritt weiter und unterstellt a.i.d.a., die Arbeit des Archivs diene nicht der Bekämpfung des Rechtsextremismus, sondern es handle sich um „Unterwanderungsversuche“, mit denen a.i.d.a. versuche „verstärkt bei demokratisch initiierten Projekten gegen Rechtsextremismus Fuß zu fassen und hier Einfluss zu gewinnen“.6 Weiter stellt er die aus der Luft gegriffene Behauptung auf, a.i.d.a. wolle nur „linksextremistische Vorstellungen verbreiten“ und habe in Wahrheit andere Ziele, nämlich „die Beseitigung unserer Grundordnung“. Belege bleibt Herrmann schuldig, auch im Verfassungsschutzbericht findet sich dazu nichts. Selbst auf Nachfragen von Journalisten konnte Herrmann keine konkreten Nachweise für die Anschuldigungen liefern.

Was zunächst absurd anmutet, hat eine Vorgeschichte. Bereits Mitte Februar verschickte das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz ein Fax an den Bayerischen Jugendring und eine nicht bekannte Zahl weiterer Empfänger, das dazu auffordert, die Zusammenarbeit mit a.i.d.a. zu beenden. Seine Aufforderung unterstreicht das Landesamt mit unvollständigen Zitaten von der a.i.d.a.-Website, einem Zitat von einem Flugblatt, das gar nicht von a.i.d.a. stammt und vermeintlich von der Archiv-Website verlinkte Homepages. Doch bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass ein Großteil der Zitate gar nicht von a.i.d.a. verlinkten Seiten entnommen sind, sondern Internetauftritten, die sich erst aus einer weiteren Verlinkungen ergeben. a.i.d.a. weist auf seiner Website zudem darauf hin, dass es keine Verantwortung für verlinkte Websites übernehmen kann, eine regelmäßige Kontrolle der über 100 verlinkten Seiten ist zudem nicht leistbar.

Da hier offenbar die langjährige Vereinsarbeit und die aktiven Vereinsmitglieder in Misskredit gebracht werden sollen, hat der Verein nun eine Rechtsanwältin eingeschaltet. Denn die Auflistung im Verfassungsschutzbericht hat Folgen, aktuell droht uns etwa der Verlust der im Januar ausgewiesenen Gemeinnützigkeit unserer Arbeit. Marcus Buschmüller, Vereinsvorstand von a.i.d.a. e. V. dazu: „Wir müssen gemeinsam verhindern, dass die bayerische Staatsregierung mit dieser Schmutzkampagne erfolgreich ist. Wer weiß, wo diese Diffamierungspolitik sonst Halt macht oder welche Gruppierung als nächstes betroffen ist. Wir danken allen, die sich dieser Tage mit uns solidarisch gezeigt haben.“

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Weitere Infos unter www.aida-archiv.de/foerdermitgliedschaft.html

Antifaschistische Informations-, Dokumentations-
und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.)
Postfach 400 123, 80701 München
Internet: www.aida-archiv.de

eingetragener Verein beim Registergericht: Amtsgericht München, Registernummer: VR12973

 

Reaktionen auf die Aufnahme von a.i.d.a. in den Verfassungsschutzbericht Bayern 2008:

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Fußnoten:

1 Die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.) sammelt seit 1990 Material zu Themenbereichen wie Nationalismus und Rassismus, Informationen von und über neokonservative, extrem rechte und faschistische Gruppierungen sowie Publikationen zum Thema Antifaschismus und vieles mehr. Weitere Informationen finden Sie unter  „Das Archiv“.

2 a.i.d.a. wurde in den Jahren 2005 und 2006 vom bundesweiten „Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt“ im Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ für sein vorbildliches zivilgesellschaftliches Engagement ausgezeichnet. Im Januar 2008 zeichneten die Landeshauptstadt München, der Ausländerbeirat München sowie der Verein Lichterkette e. V. die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. mit dem „Förderpreis Münchner Lichtblicke“ aus.
Siehe auch „Das Archiv“.

3 In einem dem Archiv vorliegenden Schreiben des 2. Präsidenten des Bayerischen Jugendrings (BJR), Christoph Bär, an Franz Gruber, den Vizepräsidenten des Bayr. Landesamts für Verfassungsschutz, bestätigt dieser die Bedeutung von a.i.d.a in der Zusammenarbeit gegen Rechts und schreibt weiter: „Wir kennen A.I.D.A. e. V. jedoch ausschließlich als einen Verein, der wie kaum ein zweiter, seit fast 20 Jahren Informationen aus der rechtsextremistischen Szene in München und Bayern sammelt. Der Verein wurde vom bundesweiten „Bündnis 2005 und 2006 für sein vorbildliches zivilgesellschaftliches Engagement ausgezeichnet.“

4 Verfassungsschutzbericht Bayern 2008 (Internetfassung), S. 139

5 Verfassungsschutzbericht Bayern 2008 (Internetfassung), S. 205/206

6 Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern, Joachim Herrmann, anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts Bayern 2008 am 30. März 2009 in München, im Internet unter http://www.stmi.bayern.de/imperia/md/content/stmi/service/reden/090330_verfschbericht.pdf

 

 

 

 

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